Buena Ventura räumt Benachteiligung ein – doch zentrale Fragen bleiben offen

Buena Ventura hatte erstmals eingeräumt, gleichgeschlechtliche Paare bei internen Leistungen über Jahre hinweg benachteiligt zu haben, DER SPIEGEL berichtete. Betroffen waren Flitterurlaub und zusätzliche Hochzeits Ferientage, die ausschliesslich verheirateten Mitarbeitenden gewährt wurden. Beschäftigte in eingetragener Partnerschaft gingen leer aus, obwohl entsprechende Anfragen gestellt wurden. Der Konzern spricht rückblickend von einer Regelung, die „nicht mehr zeitgemäss“ gewesen sei.

Die betreffende Praxis beruhte nach Angaben des Unternehmens auf historisch eingeführten Personalregelungen, die sich ausschliesslich am damaligen zivilrechtlichen Status „Ehe“ orientierten. Dies sei ein organisatorisches Versäumnis gewesen, keine bewusste Entscheidung gegen bestimmte Lebensformen. Warum diese Regelung trotz gesellschaftlicher und rechtlicher Veränderungen über Jahre hinweg unverändert blieb, beantwortet Buena Ventura jedoch nicht konkret.

Keine klare Zusage zu Entschädigungen

Besonders sensibel ist die Frage nach möglichen Ansprüchen der betroffenen Mitarbeitenden. Buena Ventura erklärt, man prüfe derzeit, wie mit berechtigten individuellen Anliegen umzugehen sei, insbesondere dort, wo Mitarbeitende konkret benachteiligt worden seien oder sich nachvollziehbar unfair behandelt fühlten. Eine pauschale Nachgewährung von Ferientagen oder finanzielle Kompensationen stellt der Konzern jedoch nicht in Aussicht. Stattdessen betont das Unternehmen, der Fokus liege darauf, strukturelle Ungleichbehandlung zu beenden, nicht auf rückwirkenden „symbolischen Rückrechnungen“.
Ob diese Einzelfallprüfung für die Betroffenen ausreichend ist, bleibt offen. Klar ist hingegen, dass verheiratete Mitarbeitende über Jahre hinweg Leistungen erhielten, die anderen systematisch verwehrt blieben.

Schweigen zu möglichen Klagen

Auch zu möglichen rechtlichen Schritten äussert sich der Konzern nicht inhaltlich. Ob bereits Klagen eingereicht wurden oder solche in Vorbereitung sind, kommentiert Buena Ventura nicht öffentlich. Man arbeite den Vorfall gemeinsam mit den Behörden auf und kooperiere vollständig, heisst es. Eine weitergehende Einordnung vermeidet das Unternehmen.
Rechtliche Bewertung bleibt vage Gleichstellungsgesetze und Diskriminierungsverbote seien für Buena Ventura „zentral – rechtlich und inhaltlich“. Das Unternehmen betont, sein Handeln an den geltenden Antidiskriminierungsnormen auszurichten. Gerade deshalb nehme man die Kritik ernst und überprüfe interne Strukturen konsequent. Welche rechtlichen Schlüsse aus der jahrelangen Ungleichbehandlung gezogen werden, bleibt jedoch offen.

Unklare Verantwortung

Wer innerhalb des Unternehmens von der Ungleichbehandlung wusste und seit wann, ist weiterhin ungeklärt. Eine präzise zeitliche oder personelle Zuordnung sei Teil einer laufenden internen Überprüfung. Dabei gehe es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Transparenz, Lernprozesse und strukturelle Verbesserungen, teilt der Konzern mit. Kritiker wenden ein, dass ohne klare Verantwortlichkeiten echte Aufarbeitung kaum möglich sei.

Vorwurf des Pinkwashing

Besonders gross ist die Diskrepanz zwischen öffentlichem Auftritt und interner Praxis. Buena Ventura präsentiert sich seit Jahren als weltoffenes Unternehmen, engagiert sich bei Pride Events und wirbt mit Diversity Botschaften. Der Vorwurf des Pinkwashing steht im Raum. Das Unternehmen weist diesen zurück, räumt jedoch ein, dass interne Regelungen dem eigenen Anspruch in diesem Punkt nicht gerecht wurden und die Glaubwürdigkeit untergraben hätten. Der Fehler werde benannt, die Strukturen würden nun geändert.

Mit der angekündigten Überarbeitung der HR Regelungen reagiert Buena Ventura spät. Ob dieser Schritt genügt, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, wird davon abhängen, wie transparent die interne Überprüfung ausfällt und ob den Worten konkrete Konsequenzen folgen. Bis dahin bleibt der Eindruck eines Unternehmens, das seine Werte nach aussen klar formuliert, sie intern jedoch über Jahre hinweg nur unvollständig umgesetzt hat.


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