SPIEGEL Online – Frankfurt am Main – pb – Nach dem Chaos beim LGBTQIA-Special im Freizeitpark Buena Ventura Adventure gerät nun auch das Sicherheitskonzept des Parks massiv in die Kritik. Der profilierte deutsche Sicherheitsexperte Ivan Jäggi spricht im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE von „gravierenden Versäumnissen“ der Verantwortlichen.
„Die Ereignisse deuten darauf hin, dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichend waren“, sagt Jäggi. Wenn an einem öffentlich angekündigten Pride-Tag plötzlich rund 800 Mitglieder einer christlich-fundamentalistischen Gruppe im Park auftauchen, Wege blockieren und es zu Rangeleien und panikartigen Situationen kommt, sei „offenkundig mehr schiefgelaufen als nur die Kommunikation“.
Jäggi kritisiert vor allem die Vorbereitung:
„Ein solcher Tag ist sicherheitsrelevant. Da reden wir über ein klares Risiko-Szenario: LGBTQIA-Event, hohe mediale Sichtbarkeit, bekannte Gegenspieler. Dass eine Gruppe dieser Größenordnung offenbar ohne wirksame Kontrolle in den Park gelangt und dort ganze Bereiche dominieren kann, zeigt, dass Risikobewertung und Einlasskontrolle nicht zusammengepasst haben.“
Auch der Umgang mit der eskalierenden Lage wirft nach Einschätzung des Experten Fragen auf. Berichte über blockierte Wege, eingeschränkte Notausgänge und verletzte Personen, darunter Kinder, müssten „bis ins Detail aufgearbeitet werden“. Wenn Gäste öffentlich davon sprechen, sie hätten sich im Park „eingesperrt“ gefühlt, sei das „für jeden Betreiber ein sicherheitstechnischer Albtraum“.
Jäggi sieht die Verantwortung klar beim Management:
„Es reicht nicht, sich auf Polizei und Rettungskräfte zu berufen. Wer ein Grossevent veranstaltet und gleichzeitig massiv von der LGBTQIA-Community und deren ‚Pink Money‘ profitiert, muss ein robustes, eigenes Sicherheitskonzept haben – mit klaren Eskalationsstufen, Szenarien, Abbruchkriterien und eingespielten Abläufen.“
Die bisherige Kommunikation des Parks bewertet er kritisch. Buena Ventura hatte den Vorfall lediglich knapp bestätigt, von „nötigen Massnahmen“ gesprochen und auf spätere Informationen verwiesen. „In einer Lage, in der Verbände von ‚Freiwild im Freizeitpark‘ sprechen und sich Betroffene im Netz gegenseitig mit Warn-Hashtags organisieren, wirkt so eine Formelmeldung defensiv und unzureichend“, sagt Jäggi. „Transparenz ist ein Sicherheitsfaktor – nicht nur ein PR-Tool.“
Für die kommenden Tage fordert der Experte eine unabhängige Analyse des Sicherheitskonzepts und der Einsatzlogistik – inklusive der Zusammenarbeit mit privaten Sicherheitsdiensten und Polizei. „Wenn Buena Ventura das Vertrauen der Gäste und insbesondere der queeren Community zurückgewinnen will, braucht es mehr als kostenlose Tickets. Es braucht nachweislich bessere Sicherheit.“
SPIEGEL ONLINE wird berichten, sobald neue Erkenntnisse zur internen Aufarbeitung und zu möglichen Konsequenzen vorliegen.
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